Wuesthoff & Wuesthoff

LEITFADEN ZU GEISTIGEN EIGENTUMSRECHTEN NACH DEM BREXIT

Das Vereinigte Königreich wird die Europäische Union (EU) voraussichtlich zum 31. Januar 2020 verlassen. Obwohl es im Moment nicht klar ist, ob ein Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU zustande kommt – wenngleich das Austrittsabkommen von Premierminister Boris Johnson zum Brexit am 9. Januar 2020 vom britischen Unterhaus gebilligt wurde, ist es inzwischen zur weiteren Beratung ins Oberhaus weitergereicht worden – und wenn ja, wie bestimmte Einzelheiten eines Abkommens aussehen würden, dient das Folgende als Leitfaden für die Behandlung von geistigen Eigentumsrechten nach dem Brexit, die sich bisher auf das Vereinigte Königreich erstreckt haben.

Angesichts der aktuellen Situation werden wir von WUESTHOFF & WUESTHOFF nach dem Brexit weiterhin in der Lage sein, Mandanten vor dem UK Intellectual Property Office (UKIPO) zu vertreten, unabhängig davon, ob es ein Abkommen gibt oder nicht. Da einige Szenarien in Bezug auf Ihre Rechte an geistigem Eigentum etwas kompliziert sein können und nicht explizit in der folgenden allgemeinen Übersicht aufgeführt sind, würden wir uns freuen, Sie und Ihre Mandanten während dieses Übergangs im Speziellen beratend zu unterstützen.


PATENTE

Mit oder ohne ein Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU wird es keine Änderung in Bezug auf europäische Patentanmeldungen und Patente vor dem Europäischen Patentamt (EPA) geben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das EPA keine EU-Institution ist und das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) keinen Bezug zum EU-Recht hat. Daher kann das Vereinigte Königreich weiterhin in einer europäischen Patentanmeldung benannt werden, das auch nach der Erteilung im Vereinigten Königreich gültig sein wird, da das Vereinigte Königreich weiterhin ein Vertragsstaat des EPÜ ist.

Bis zur Ratifizierung des Einheitlichen Patentgerichts (UPC) durch Deutschland, die derzeit wegen eines anhängigen Verfahrens aufgrund einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit des vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetzes zur Umsetzung des UPC ausgesetzt ist, ist eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs am UPC und am Einheitspatentsystem nach dem Brexit derzeit nicht bekannt. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten, sobald sich Neuigkeiten diesbezüglich ergeben.


MARKEN

Das UKIPO wird eine sogenannte „vergleichbare Marke (EU)“ („comparable trade mark (EU)“) im britischen Markenregister einführen, die von einer entsprechenden EU-Marke abgeleitet ist, falls es kein Abkommen und keine Übergangsperiode bis 23 Uhr am Tag des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU („Austrittstag“) gibt. Die vergleichbare Marke (EU) wird beim UKIPO behandelt, als wäre sie eine nationale Marke. Sie wird dasselbe Ablauf- und Verlängerungsdatum haben wie die entsprechende EU-Marke. Die von der vergleichbaren Marke (EU) erfassten Waren und Dienstleistungen werden aus der englischen Sprachfassung der entsprechenden EU-Marke übernommen.

Derselbe Vertreter, der für die entsprechende EU-Marke eingetragen ist, wird im Markenregister des Vereinigten Königreichs als Zustelladresse für die vergleichbare Marke (EU) eingetragen.

Jede Benutzung der Marke in der EU vor dem Austrittstag gilt als Benutzung der vergleichbaren Marke (EU). Es wird darauf hingewiesen, dass im Falle der Benutzung einer Marke nur im Vereinigten Königreich die bestehende EU-Marke wegen Nichtbenutzung angegriffen werden kann. Entsprechende Überlegungen gelten für die vergleichbare Marke (EU), wenn sie nur in den übrigen EU-Ländern benutzt wird. Ihre derzeitige Strategie muss daher möglicherweise überprüft werden.

Obiges gilt auch für EU-Benennungen internationaler Registrierungen, wenn eine Erklärung über die Schutzerteilung im Zusammenhang mit der EU-Benennung abgegeben wurde.

Für eine am Austrittstag anhängige EU-Markenanmeldung wird eine vergleichbare Marke (EU) nicht automatisch angelegt. Die Markenanmeldung muss innerhalb von neun Monaten nach dem Austrittstag erneut beim UKIPO eingereicht werden, damit die britische Markenanmeldung die gleichen Anmelde-, Prioritäts- und Senioritätsdaten beanspruchen kann wie die anhängige EU-Markenanmeldung. Dies gilt auch für alle EU-Bestimmungen internationaler Marken, für die bis zum Austrittstag keine Erklärung über die Schutzerteilung ausgestellt wurde.
 
Wenn das derzeitige Austrittsabkommen vom Oberhaus genehmigt wird, wird der Inhaber einer EU-Marke zum Inhaber einer britischen Marke, die aus demselben Zeichen und für dieselben Waren und Dienstleistungen besteht.


DESIGNS (GESCHMACKSMUSTER)

Ähnlich wie bei Marken wird das UKIPO, falls es kein Abkommen und keine Übergangsperiode bis 23 Uhr am Austrittstag gibt, ein sogenanntes „neu eingetragenes Design“ („re-registered design“) im britischen Designregister erstellen, das sich aus dem entsprechenden eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGM) ableitet. Auch hier wird derselbe Vertreter, der für das entsprechende Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen ist, im Designregister des Vereinigten Königreichs als Zustellungsanschrift für das neu eingetragene Design eingetragen. Darüber hinaus hat das neu eingetragene Design dasselbe Ablauf- und Verlängerungsdatum wie das entsprechende Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

Obiges gilt auch für EU-Benennungen internationaler Registrierungen, wenn eine Erklärung über die Schutzerteilung im Zusammenhang mit der EU-Benennung abgegeben wurde. Ein neu eingetragenes internationales Design wird im britischen Designregister erstellt.

Im Einklang mit den oben genannten Erwägungen in Bezug auf Marken wird für eine am Austrittstag anhängige GGM-Anmeldung nicht automatisch ein neu eingetragenes Design erstellt. Die Designanmeldung muss innerhalb von neun Monaten nach dem Austrittstag erneut beim UKIPO eingereicht werden, damit die britische Designanmeldung die gleichen Anmelde- und Prioritätstage beanspruchen kann wie die anhängige GGM-Anmeldung. Dies betrifft auch GGM-Anmeldungen, die zwar anerkannt wurden, deren Veröffentlichung jedoch aufgeschoben wurde, und anhängige GGM-Anmeldungen, die nach dem Austrittstag wieder eingesetzt wurden (nicht jedoch zurückgewiesene GGM-Anmeldungen). Das Vorstehende gilt auch für alle EU-Benennungen von internationalen Registrierungen, für die bis zum Austrittstag keine Erklärung über die Schutzgewährung abgegeben wurde.

Ein „fortdauerndes nicht eingetragenes Design“ („continuing Community unregistered design“) wird automatisch von dem entsprechenden nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit den gleichen Details, insbesondere dem gleichen Schutzumfang und Ablaufdatum, abgeleitet, wenn es kein Abkommen und keine Übergangsperiode bis 23 Uhr am Austrittstag gibt.

Ähnlich wie bei Marken wird der Inhaber eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters, wenn das derzeitige Austrittsabkommen vom britischen Oberhaus genehmigt wird, und gegebenenfalls nach Aufschiebung der Bekanntmachung veröffentlicht wird, zum Inhaber eines eingetragenen Designs im Vereinigten Königreich für dasselbe Muster.


ERGÄNZENDE SCHUTZZERTIFKATE (SPCS)

SPCs, die im Vereinigten Königreich vor dem Austrittstag gewährt wurden, werden durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU nicht berührt, da es sich bei den SPCs um nationale Rechte handelt.

Für SPC-Anmeldungen, die nach dem Austrittstag im Vereinigten Königreich anhängig sind oder dort eingereicht werden, gilt während einer Übergangsperiode weiterhin die aktuelle EU-Verordnung, falls zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU ein Abkommen getroffen wird. Im Falle eines „no-deal“ Brexit werden anhängige britische SPC-Anträge und solche, die nach dem Austrittstag eingereicht werden, auf der Grundlage des entsprechenden nationalen Rechts des Vereinigten Königreichs behandelt.

Eine erneute Einreichung von SPC-Anmeldungen ist nicht erforderlich, da sie ohnehin vom UKIPO geprüft werden und die jeweils geltenden Gesetze durch den Brexit nicht geändert werden.

SORTENSCHUTZRECHTE

Falls es kein Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU gibt, wird ein gemeinschaftlicher Sortenschutz, der zwei Monate vor dem Austrittstag erteilt wurde, automatisch zu einem britischen Sortenschutz nach britischem Recht. Wurde ein solcher gemeinschaftlicher Sortenschutz nicht mindestens zwei Monate vor dem Austrittstag erteilt, muss das Schutzrecht im Vereinigten Königreich bei der britischen Behörde für Tier- und Pflanzengesundheit („Animal and Plant Health Agency“; kurz „APHA“) beantragt werden. Die Zweimonatsfrist ergibt sich daraus, dass die EU eine zweimonatige Beschwerdefrist hat und die APHA im Vereinigten Königreich keinen Sortenschutz gewähren kann, gegen den Beschwerde eingelegt werden kann.

Ein Sortenschutz sollte im Vereinigten Königreich auf jeden Fall innerhalb von sechs Monaten nach dem Austrittstag beantragt werden, damit dieselbe Prüfung auf Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit benutzt werden kann.

Wenn das derzeitige Austrittsabkommen vom Oberhaus gebilligt wird, wird der Inhaber eines gemeinschaftlichen Sortenschutzes im Vereinigten Königreich zum Inhaber eines Sortenschutzes für dieselbe Sorte.


Es bleiben viele Fragen offen, was der Brexit letztlich für Unternehmen und ihr geistiges Eigentum bedeuten wird. Insbesondere sind bestimmte Einzelheiten in Bezug auf die Rechte an geistigem Eigentum eines möglichen Abkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU derzeit nicht bekannt. Angesichts dieser Unsicherheit werden wir von WUESTHOFF & WUESTHOFF diese Angelegenheit weiterverfolgen und unsere Mandanten in dieser Übergangszeit unterstützen.

Bitte kontaktieren Sie uns unter wuesthoff(at)wuesthoff.de für weitere Informationen.